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Freitag, 11. Februar 2011
DVD-Tip: G. Verdi - Don Carlo
zerlina, 15:16h
Vor einigen Wochen habe ich mich näher mit einer meiner Lieblingsopern beschäftigt, Giuseppe Verdis « Don Carlos ». Hier nun ein DVD-Tip dazu.
Es ist ein Tip mit Abstrichen, denn eigentlich kann ich die DVD nicht uneingeschränkt empfehlen, da es in mancher Hinsicht leider gewaltig hapert. Ich tue es dennoch, denn gewisse sängerische Schwächen (vor allem der weiblichen Hauptrolle) werden mehr als wettgemacht durch eine hervorragende Regie und – Rolando Villazón.
Die Besetzung:
Filippo: Robert Lloyd
Don Carlo: Rolando Villazón
Posa: Dwayne Croft
Elisabetta: Amanda Roocroft
Eboli: Violeta Urmana
Großinquisitor: Jaakob Ryhänen
Regie: Willie Decker
In Amsterdam wurde seinerzeit die vieraktige italienische Fassung gespielt, was dem Tenor zwar eine Arie schenkt („Io l’ho perduta“ kommt in der fünfaktigen Version nicht vor) dem Liebespaar aber die einzig glücklichen Augenblicke und uns viel schöne Musik nimmt.
Das Bühnenbild ist sehr spartanisch, und wird im Bühnenhintergrund von einer unüberwindbaren Mauer beherrscht die bei näherem Hinsehen aus vielen (Grab-?)Steinen besteht, die die Namen früherer Könige und Königinnen von Spanien tragen.
Die Oper beginnt hier mit der Vermählung von Filippo und Elisabetta und Carlos’ Verzweiflung darüber. Bereits hier wird die gestörte Vater-Sohn Beziehung und was dahinter steckt thematisiert: Filippo zwingt seinen widerstrebenden und offensichtlich panischen Sohn, das Kreuzzeichen zu schlagen, Elisabetta schreckt davor zurück, ihrem jetzigen Stiefsohn die Hand zu reichen, als fürchte sie, daß die kleinste Berührung des Mannes den sie liebt ihre Selbstbeherrschung und Tapferkeit ins Wanken bringt.
Das grandiose an dieser Inszenierung sind weniger spektakuläre Bilder, die gibt es kaum, als vielmehr eine wirklich durchdachte und stimmige Personenführung. Willie Decker hat sich ganz offensichtlich nicht nur intensiv mit Verdi, sondern ebenso intensiv mit Schiller befasst und darüber hinaus einen Blick auf die historischen Tatsachen geworfen.
Szenisch gibt es nur ein oder zwei wirkliche Ausrutscher, in Erinnerung geblieben ist mir vor allem das Schlußbild der Autodafé-Szene das Carlos in der Haltung des Gekreuzigten zeigt, das war mir persönlich dann doch ein bisschen too much, aber auch ein Willie Decker hat ab und zu einen schwächeren Moment.
Posa (Dwayne Croft) ist buchstäblich und metaphorisch der Mann hinter Carlos, er führt und leitet ihn, er ist es, der nach „Dio che nell’alma...“ eine Tür in der unüberwindbaren Mauer öffnet und Carlos ein Stück leuchtend blauen Himmel zeigt, eine Tür, durch die Carlos nur gehen müsste...
Es ist Posa, der den zögernden Carlos ermutigt, zu Beginn des Autodafé-Bildes auf die ihm (nicht Filippo!) zujubelnde Volksmenge zuzugehen, es ist Posa, der den ungläubigen und (für dieses eine Mal) freudestrahlenden Carlos mit einem „ich-hab’s-dir-doch-gleich-gesagt-Blick“ ansieht als das Volk den Infanten auf den Schultern trägt. Es ist Posa, der Carlos ermutigt, zu tun, was er kurz darauf tut: als der Klerus in prächtigen Gewändern und ein großes Kreuz vor sich hertragend die Szene betritt, schreitet die Volksmenge mit Carlos an ihrer Spitze auf die Geistlichkeit zu, Carlos nimmt den Fassungslosen das Kreuz aus den Händen um es da aufzustellen, wo es hingehört: mitten unter die Geknechteten und Gedemütigten. Angesichts dessen, was auch heute noch überall auf der Welt im Namen welchen Glaubens auch immer geschieht, ein zutiefst bewegendes Bild.
Dwayne Croft klingt leicht indisponiert und irgendwo habe ich gelesen, daß er mit schwerer Erkältung gesungen haben soll und sich hat ansagen lassen. Vor diesem Hintergrund fand ich seine Leistung beachtlich, und ohne Experte zu sein, glaube ich schon, daß er ohne Erkältung ein beeindruckender Posa ist, er hat mir aber auch so, mit gewissen Einschränkungen im Musikalischen wirklich gut gefallen.
Im Duett mit Filippo gibt er alles, und müht sich nach Kräften, Robert Lloyd auf Touren zu bringen, der aber für meinen Geschmack etwas blaß bleibt. Allerdings bin ich da vermutlich etwas unfair, da „mein“ Filippo Ferrucio Furlanetto ist, und mit dem ist er, zumindest an diesem Abend, nicht zu vergleichen.
Zu diesem Filippo ist für mich leider nicht mehr zu sagen, als daß er gut aber nicht spektakulär singt und mich weder zu Begeisterungsstürmen hingerissen noch auf voller Linie enttäuscht hätte.
Die musikalischen Schwächen vor allem der Sopranistin sind enorm, so enorm, daß ich nur annehmen kann, daß sie an dem Abend akut indisponiert war, denn es wäre sträflich und verantwortungslos, eine Sängerin die bereits seit längerem derart massive Probleme hat auf die Bühne zu schicken. Darstellerisch macht Amanda Roocroft als Elisabetta ihre Sache jedoch gut, auch wenn sie definitiv wesentlich älter ist als Carlos und mehr wie seine Mutter wirkt denn wie seine unerreichbare große Liebe.
Darstellerisch ist sie in der Auseinsandersetzung Carlos-Elisabetta wirklich gut, sie schreit ihm ins Gesicht „Bring es zuende, ermorde deinen Vater und führe mit blutigen Händen deine Mutter zum Altar“. Wenn man Oper als MusikTHEATER sieht, packt die Szene schon sehr, auch wenn ihr Part musikalisch wg. der Stimmprobleme nicht immer ein Genuß ist, aber ich habe sie vorher und nachher nie gehört und will wie gesagt annehmen, daß sie entweder einen ganz unglücklichen Abend erwischt, oder zum Zeitpunkt der Aufführung eine heftige Krise durchlitten hat, und in beiden Fällen soll man gnädig mit Künstlern umgehen...
Violeta Urmanas Eboli ist der pure Luxus, sie singt wunderschön, allerdings wird der positive musikalische Eindruck leider ganz erheblich durch den einzigen wirklichen Schwachpunkt der Regie gestört, zu dem ich jetzt kommen muß: die Kostüme. Sie sind fürchterlich und sorgen für manch unfreiwillig komische Situation.
Villazon und Urmana hat es in dieser Hinsicht besonders übel erwischt: er in Weiß mit Beinkleidern die ein Spötter einmal böse aber zutreffend als „Windelhosen“ bezeichnet hat, sie in furchterregendes Schwarz geschnürt, den Busen hochgezurrt.
Wie mein Gatte seinerzeit vor dem Fernseher sagte: „Kein Wunder daß er nicht will, die verfrühstückt ihn ja ohne mit der Wimper zu zucken! Da hätte ich auch Angst...“
Das muntere junge Mädchen das Schiller uns schildert ist diese Eboli nicht, und das ist nicht ihre Schuld. Für die Kostüme gibt es wirklich Punktabzug...
Zum Schluß der Titelheld: jeder weiß es, die Rolle war für Rolando Villazón schon immer gefährlich, dennoch bin ich froh, daß er sie in zwei Produktionen gesungen hat. Dieser Amsterdamer Carlos hat m.E. sehr, sehr viel mit Schillers Vorlage zu tun, die ich hier in zwei Auszügen zitieren möchte:
Ich hasse meinen Vater nicht - Doch Schauer
Und Missethäters-Bangigkeit ergreifen
Bei diesem fürchterlichen Namen mich.
Kann ich dafür, wenn eine knechtische
Erziehung schon in meinem jungen Herzen
Der Liebe zarten Keim zertrat? Sechs Jahre
Hatt' ich gelebt, als mir zum ersten Mal
Der Fürchterliche, der wie sie mir sagten,
Mein Vater war, vor Augen kam. Es war
An einem Morgen, wo er stehnden Fußes
Vier Bluturtheile unterschrieb. Nach diesem
Sah ich ihn nur, wenn mir für ein Vergehn
Bestrafung angekündigt ward. - O Gott!
Hier fühl' ich, daß ich bitter werde - Weg -
Weg, weg von dieser Stelle!
Warum von tausend Vätern
Just eben diesen Vater mir? Und ihm
Just diesen Sohn von tausend bessern Söhnen?
Zwei unverträglichere Gegentheile
Fand die Natur in ihrem Umkreis nicht.
Wie mochte sie die beiden letzten Enden
Des menschlichen Geschlechtes - mich und ihn -
Durch ein so heilig Band zusammen zwingen?
Furchtbares Loos! Warum mußt' es geschehn?
Warum zwei Menschen, die sich ewig meiden,
In einem Wunsche schrecklich sich begegnen?
Hier, Roderich, siehst du zwei feindliche
Gestirne, die im ganzen Lauf der Zeiten
Ein einzig Mal in scheitelrechter Bahn
Zerschmetternd sich berühren, dann auf immer
Und ewig aus einander fliehn.
Und mehr muß man eigentlich auch gar nicht sagen, denn genau so ist dieser Carlos: ein schwer traumatisierter junger Mann, der nach wie vor in Angst vor seinem Vater lebt, sich dennoch schmerzhaft nach seiner Liebe oder zumindest Anerkennung sehnt und für den die unglückliche Liebe zu Elisabetta nur ein Teilaspekt seiner Tragödie (und vermutlich nicht einmal der wichtigste) ist.
Wie sehr die Angst und das Entsetzen Carlos’ Leben beherrschen, wird in Posas Sterbeszene deutlich: als Posa tödlich getroffen zu Boden sinkt, verkriecht sich Carlos wie ein entsetztes Kind in eine Ecke seiner Zelle und einige unerträgliche Momente lang fürchtet man, er ließe seinen Freund alleine sterben. Dieser Carlos leidet an soviel mehr als nur daran, daß er das Mädchen nicht bekommt und bewegt sich permanent am psychischen Abgrund. Das hat Decker grandios herausgearbeitet, das hat Villazón musikalisch und szenisch kongenial umgesetzt und das lasse ich mir auch von keinem Stimmenexperten und Schlaumeier dieser Welt ausreden, Stimmkrise hin, selber schuld her.
Hier ein Auszug: Rolando Villazón und Dwayne Croft im Schwurduett.
http://www.youtube.com/watch?v=u9-mqXrQRVM
Es ist ein Tip mit Abstrichen, denn eigentlich kann ich die DVD nicht uneingeschränkt empfehlen, da es in mancher Hinsicht leider gewaltig hapert. Ich tue es dennoch, denn gewisse sängerische Schwächen (vor allem der weiblichen Hauptrolle) werden mehr als wettgemacht durch eine hervorragende Regie und – Rolando Villazón.
Die Besetzung:
Filippo: Robert Lloyd
Don Carlo: Rolando Villazón
Posa: Dwayne Croft
Elisabetta: Amanda Roocroft
Eboli: Violeta Urmana
Großinquisitor: Jaakob Ryhänen
Regie: Willie Decker
In Amsterdam wurde seinerzeit die vieraktige italienische Fassung gespielt, was dem Tenor zwar eine Arie schenkt („Io l’ho perduta“ kommt in der fünfaktigen Version nicht vor) dem Liebespaar aber die einzig glücklichen Augenblicke und uns viel schöne Musik nimmt.
Das Bühnenbild ist sehr spartanisch, und wird im Bühnenhintergrund von einer unüberwindbaren Mauer beherrscht die bei näherem Hinsehen aus vielen (Grab-?)Steinen besteht, die die Namen früherer Könige und Königinnen von Spanien tragen.
Die Oper beginnt hier mit der Vermählung von Filippo und Elisabetta und Carlos’ Verzweiflung darüber. Bereits hier wird die gestörte Vater-Sohn Beziehung und was dahinter steckt thematisiert: Filippo zwingt seinen widerstrebenden und offensichtlich panischen Sohn, das Kreuzzeichen zu schlagen, Elisabetta schreckt davor zurück, ihrem jetzigen Stiefsohn die Hand zu reichen, als fürchte sie, daß die kleinste Berührung des Mannes den sie liebt ihre Selbstbeherrschung und Tapferkeit ins Wanken bringt.
Das grandiose an dieser Inszenierung sind weniger spektakuläre Bilder, die gibt es kaum, als vielmehr eine wirklich durchdachte und stimmige Personenführung. Willie Decker hat sich ganz offensichtlich nicht nur intensiv mit Verdi, sondern ebenso intensiv mit Schiller befasst und darüber hinaus einen Blick auf die historischen Tatsachen geworfen.
Szenisch gibt es nur ein oder zwei wirkliche Ausrutscher, in Erinnerung geblieben ist mir vor allem das Schlußbild der Autodafé-Szene das Carlos in der Haltung des Gekreuzigten zeigt, das war mir persönlich dann doch ein bisschen too much, aber auch ein Willie Decker hat ab und zu einen schwächeren Moment.
Posa (Dwayne Croft) ist buchstäblich und metaphorisch der Mann hinter Carlos, er führt und leitet ihn, er ist es, der nach „Dio che nell’alma...“ eine Tür in der unüberwindbaren Mauer öffnet und Carlos ein Stück leuchtend blauen Himmel zeigt, eine Tür, durch die Carlos nur gehen müsste...
Es ist Posa, der den zögernden Carlos ermutigt, zu Beginn des Autodafé-Bildes auf die ihm (nicht Filippo!) zujubelnde Volksmenge zuzugehen, es ist Posa, der den ungläubigen und (für dieses eine Mal) freudestrahlenden Carlos mit einem „ich-hab’s-dir-doch-gleich-gesagt-Blick“ ansieht als das Volk den Infanten auf den Schultern trägt. Es ist Posa, der Carlos ermutigt, zu tun, was er kurz darauf tut: als der Klerus in prächtigen Gewändern und ein großes Kreuz vor sich hertragend die Szene betritt, schreitet die Volksmenge mit Carlos an ihrer Spitze auf die Geistlichkeit zu, Carlos nimmt den Fassungslosen das Kreuz aus den Händen um es da aufzustellen, wo es hingehört: mitten unter die Geknechteten und Gedemütigten. Angesichts dessen, was auch heute noch überall auf der Welt im Namen welchen Glaubens auch immer geschieht, ein zutiefst bewegendes Bild.
Dwayne Croft klingt leicht indisponiert und irgendwo habe ich gelesen, daß er mit schwerer Erkältung gesungen haben soll und sich hat ansagen lassen. Vor diesem Hintergrund fand ich seine Leistung beachtlich, und ohne Experte zu sein, glaube ich schon, daß er ohne Erkältung ein beeindruckender Posa ist, er hat mir aber auch so, mit gewissen Einschränkungen im Musikalischen wirklich gut gefallen.
Im Duett mit Filippo gibt er alles, und müht sich nach Kräften, Robert Lloyd auf Touren zu bringen, der aber für meinen Geschmack etwas blaß bleibt. Allerdings bin ich da vermutlich etwas unfair, da „mein“ Filippo Ferrucio Furlanetto ist, und mit dem ist er, zumindest an diesem Abend, nicht zu vergleichen.
Zu diesem Filippo ist für mich leider nicht mehr zu sagen, als daß er gut aber nicht spektakulär singt und mich weder zu Begeisterungsstürmen hingerissen noch auf voller Linie enttäuscht hätte.
Die musikalischen Schwächen vor allem der Sopranistin sind enorm, so enorm, daß ich nur annehmen kann, daß sie an dem Abend akut indisponiert war, denn es wäre sträflich und verantwortungslos, eine Sängerin die bereits seit längerem derart massive Probleme hat auf die Bühne zu schicken. Darstellerisch macht Amanda Roocroft als Elisabetta ihre Sache jedoch gut, auch wenn sie definitiv wesentlich älter ist als Carlos und mehr wie seine Mutter wirkt denn wie seine unerreichbare große Liebe.
Darstellerisch ist sie in der Auseinsandersetzung Carlos-Elisabetta wirklich gut, sie schreit ihm ins Gesicht „Bring es zuende, ermorde deinen Vater und führe mit blutigen Händen deine Mutter zum Altar“. Wenn man Oper als MusikTHEATER sieht, packt die Szene schon sehr, auch wenn ihr Part musikalisch wg. der Stimmprobleme nicht immer ein Genuß ist, aber ich habe sie vorher und nachher nie gehört und will wie gesagt annehmen, daß sie entweder einen ganz unglücklichen Abend erwischt, oder zum Zeitpunkt der Aufführung eine heftige Krise durchlitten hat, und in beiden Fällen soll man gnädig mit Künstlern umgehen...
Violeta Urmanas Eboli ist der pure Luxus, sie singt wunderschön, allerdings wird der positive musikalische Eindruck leider ganz erheblich durch den einzigen wirklichen Schwachpunkt der Regie gestört, zu dem ich jetzt kommen muß: die Kostüme. Sie sind fürchterlich und sorgen für manch unfreiwillig komische Situation.
Villazon und Urmana hat es in dieser Hinsicht besonders übel erwischt: er in Weiß mit Beinkleidern die ein Spötter einmal böse aber zutreffend als „Windelhosen“ bezeichnet hat, sie in furchterregendes Schwarz geschnürt, den Busen hochgezurrt.
Wie mein Gatte seinerzeit vor dem Fernseher sagte: „Kein Wunder daß er nicht will, die verfrühstückt ihn ja ohne mit der Wimper zu zucken! Da hätte ich auch Angst...“
Das muntere junge Mädchen das Schiller uns schildert ist diese Eboli nicht, und das ist nicht ihre Schuld. Für die Kostüme gibt es wirklich Punktabzug...
Zum Schluß der Titelheld: jeder weiß es, die Rolle war für Rolando Villazón schon immer gefährlich, dennoch bin ich froh, daß er sie in zwei Produktionen gesungen hat. Dieser Amsterdamer Carlos hat m.E. sehr, sehr viel mit Schillers Vorlage zu tun, die ich hier in zwei Auszügen zitieren möchte:
Ich hasse meinen Vater nicht - Doch Schauer
Und Missethäters-Bangigkeit ergreifen
Bei diesem fürchterlichen Namen mich.
Kann ich dafür, wenn eine knechtische
Erziehung schon in meinem jungen Herzen
Der Liebe zarten Keim zertrat? Sechs Jahre
Hatt' ich gelebt, als mir zum ersten Mal
Der Fürchterliche, der wie sie mir sagten,
Mein Vater war, vor Augen kam. Es war
An einem Morgen, wo er stehnden Fußes
Vier Bluturtheile unterschrieb. Nach diesem
Sah ich ihn nur, wenn mir für ein Vergehn
Bestrafung angekündigt ward. - O Gott!
Hier fühl' ich, daß ich bitter werde - Weg -
Weg, weg von dieser Stelle!
Warum von tausend Vätern
Just eben diesen Vater mir? Und ihm
Just diesen Sohn von tausend bessern Söhnen?
Zwei unverträglichere Gegentheile
Fand die Natur in ihrem Umkreis nicht.
Wie mochte sie die beiden letzten Enden
Des menschlichen Geschlechtes - mich und ihn -
Durch ein so heilig Band zusammen zwingen?
Furchtbares Loos! Warum mußt' es geschehn?
Warum zwei Menschen, die sich ewig meiden,
In einem Wunsche schrecklich sich begegnen?
Hier, Roderich, siehst du zwei feindliche
Gestirne, die im ganzen Lauf der Zeiten
Ein einzig Mal in scheitelrechter Bahn
Zerschmetternd sich berühren, dann auf immer
Und ewig aus einander fliehn.
Und mehr muß man eigentlich auch gar nicht sagen, denn genau so ist dieser Carlos: ein schwer traumatisierter junger Mann, der nach wie vor in Angst vor seinem Vater lebt, sich dennoch schmerzhaft nach seiner Liebe oder zumindest Anerkennung sehnt und für den die unglückliche Liebe zu Elisabetta nur ein Teilaspekt seiner Tragödie (und vermutlich nicht einmal der wichtigste) ist.
Wie sehr die Angst und das Entsetzen Carlos’ Leben beherrschen, wird in Posas Sterbeszene deutlich: als Posa tödlich getroffen zu Boden sinkt, verkriecht sich Carlos wie ein entsetztes Kind in eine Ecke seiner Zelle und einige unerträgliche Momente lang fürchtet man, er ließe seinen Freund alleine sterben. Dieser Carlos leidet an soviel mehr als nur daran, daß er das Mädchen nicht bekommt und bewegt sich permanent am psychischen Abgrund. Das hat Decker grandios herausgearbeitet, das hat Villazón musikalisch und szenisch kongenial umgesetzt und das lasse ich mir auch von keinem Stimmenexperten und Schlaumeier dieser Welt ausreden, Stimmkrise hin, selber schuld her.
Hier ein Auszug: Rolando Villazón und Dwayne Croft im Schwurduett.
http://www.youtube.com/watch?v=u9-mqXrQRVM
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Mittwoch, 5. Januar 2011
Oper im Kino: Der Freischütz
zerlina, 11:47h
Zur Zeit läuft in den Kinos ein neuer Opernfilm: „Der Freischütz“ nach Carl Maria von Weber.
Ich mag diese Oper sehr, die Musik ist wunderbar und die Szene in der Wolfsschlucht gehört, zusammen mit Don Giovannis Höllenfahrt und dem Terzett Antonia-Mirakel-Stimme der Mutter aus "Hoffmanns Erzählungen" zu den ganz großen dämonischen Augenblicken der Operngeaschichte. Wenn sie denn gut umgesetzt wird, was hier leider nur sehr bedingt der Fall war.
Aber der Reihe nach, zunächst die Besetzung:
Juliane Banse (Agathe)
Michael König (Max)
Regula Mühlemann (Ännchen)
Michael Volle (Kaspar),
Olaf Bär (Kilian)
Franz Grundheber (Ottokar)
Benno Schollum (Kuno)
René Pape: Eremit
Es handelt sich um eine überaus naturalistische Umsetzung: wenn in der Ouvertüre der Wald beschrieben wird, sehen wir einen Wald, wenn es wild und dramatisch wird erleben wird Max und Kaspar im Schlachtgetümmel gegen Napoleons Truppen, wenn es dämonisch wird fährt die Kamera über verlassene Schlachtfelder und tote Soldaten, denn in dieser Verfilmung vermischen sich Krieg und Weltpolitik mit den privaten Geschicken von Max und Agathe. So wird zu den Klängen des Jägerchores der Friedensvertrag unterzeichnet und Europa am Kabinettstisch neu aufgeteilt, tote Soldaten liegen in der Wolfsschlucht ebenso rum wie vor Agathes Fasanen-Schlößchen. Nach einer Weile geht mir der ewige Hinweis darauf daß Krieg schlimm istallerdings gehörig auf die Nerven, denn trotz (oder wegen) einiger Horrorelemente (Greifvögel, die sich am Fleisch der Toten gütlich tun, Kriechtiere in Körperöffnungen in die sie nun wirklich nicht gehören etc.) sind die Bilder nicht schonungslos genug um wirklich zu vermitteln, was Krieg bedeutet und nicht eindringlich genug, die Seele zu berühren. Zumindest ging es mir so, all die toten Soldaten sehen aus wie das, was sie in Wahrheit sind: Komparsen die toter Mann spielen.
Wenn Kaspar dann in der Wolfsschlucht gar einem dieser Komparsen zwecks teuflischem Tun mit einem Fangmesser den Kopf abtrennt und das ganze von unappetitlichen Geräuschen begleitet wird, wirkt das fast schon unfreiwillig komisch...
Da wäre ich dann also schon beim großen Schwachpunkt des Films: ich habe selten eine so aseptische, un-dämonische Wolfsschlucht-Szene gesehen und mich schmerzlich nach über die Bühne gezogenen Wildschweinen aus dem Hause Steiff gesehnt, denn die wären immer noch gespenstischer als das, was uns hier geboten wurde: die Szene spielt nicht im Wald sondern in den Schluchten des Elbsandsteingebirges, was m. E. durchaus passend ist, denn ich habe mir die Wolfsschlucht immer als eine Felsenkluft vorgestellt und weniger als düstere Waldlichtung, aber leider wird hier viel zu viel mit Computeranimation, und noch dazu mit Schlechter, gearbeitet. Computeranimiertes Teufelsfeuer, computeranimierter Totenkopf, computeranimiertes was-auch-immer das zur Musik des Wilden Heers über den Himmel flattert etc. Das nimmt der Szene m. E. jede Schauerromantik, ist aber tricktechnisch auch nicht sooo grandios daß es wenigstens zu einem unpassenden aber begeisterten „Boah ey, Wahnsinn!“ reichen würde...
Wie gesagt: jedes Stadttheater kriegt das gruseliger und grausiger hin.
Die Idee, die Wolfsschlucht als verlassenes Schlachtfeld darzustellen ist nicht neu, aber meiner Meinung nach durchaus passend, nur gehört dazu mehr als ein paar Statisten mit Kunstblut einzusauen und in Uniformen zu stecken. Das Grauen dessen was hier einst geschehen ist und immer noch umgeht, ist leider in keiner Sekunde spürbar.
Auch Kaspar fällt in dieser Szene nicht viel mehr ein als laut rumschreien und sich am Boden wälzen wenn er mit Samiel verhandelt und den Gelassenen spielen sobald Max auftaucht. Schade, schade, schade.
Musikalisch hat mir die Szene jedoch recht gut gefallen, auch wenn es gewöhnungsbedürftig ist, diese Musik begleitet von allerlei Nebengeräuschen und in wechselnder Lautstärke zu hören, aber da dies ein Opernfilm ist und keine abgefilmte Vorstellung gelten hier nun mal andere Gesetze.
Etwas Gutes gibt es dann aber auch in dieser Szene: Samiel kommt nicht mit dröhnender Donnerstimme daher, sondern spricht ganz leise, sein „Hier bin ich“ am Ende der Szene ist fast geflüstert und man spürt, den Pakt mit dem Teufel gehen Kaspar und Max in ihrer Seele ein, denn der Teufel ist in ihrer Seele, in diesem Momente ist dann doch etwas von dem Grauen zu spüren daß ich so bitter vermisst habe.
Zu den Pluspunkten der Verfilmung gehört m. E. die Charakterisierung von Max. Der Max meiner Jugend war Rudolf Schock, und das heißt: der Förster im Silberwald der dummerweise zur Zeit vom Jagdglück verlassen und im Übrigen enervierend brav, fromm und langweilig ist.
Michael Königs Max ist alles andere als ein Förster im Silberwald,
von Beginn an befindet er sich in einem psychischen Ausnahmezustand, der ihn für Kaspars Einflüsterungen erst empfänglich macht.
Dieser Max wird tatsächlich von düsteren Mächten umgarnt und er zerbricht fast an der Frage „Lebt kein Gott?“.
Sein Problem ist wohl auch nicht in erster Linie, daß er nicht trifft (obwohl das in seiner aktuellen Situation natürlich nicht gut ist), sein Problem dürfte darin liegen, daß er in den letzten Jahren viel zu oft und viel zu gut getroffen hat, und nicht nur, was vier Beine oder Flügel hat...
Max ist dem Wahnsinn nahe und Kaspar, der äußerlich hier eher Ruhige, Beherrschte und Vernünftige hat leichtes Spiel.
Ich fand Maxens Charakterisierung sehr eindrucksvoll und ich an Agathes Stelle würde mir ernsthaft überlegen, ob ich so einen heiraten würde...
Michael Volle ist ein beeindruckender Kaspar, der zu Beginn gar nicht so finster daherkommt wie man das manchmal gewohnt ist: wo Max außer sich ist, ist er gelassen, kühl und wirkt im Gegensatz zu Max wohltuend aufgeklärt wenn er von „Naturkräften“ spricht.
In seiner Arie macht er schon sehr eindrucksvoll deutlich daß die „Geister mit Dunkel beschwingt“ auch ihn schon längst umgeben haben, und er singt wirklich gut.
Was mir gefällt: wüsste man nicht, welch Geistes Kind er ist, käme er für Agathe als echte Alternative zu Max in Frage,
da er wirklich ruhiger wirkt als sein doch sehr desolater Jagdgenosse. Was ihn diese Ruhe kostet weiß nur er, und es ist schon eindrucksvoll zu sehen, wie Kaspar, der eben noch in der Wolfsschlucht Freikugeln gegossen und Grausiges getan hat, kurze Zeit später scheinbar gelassen und ruhig im Gefolge des Landesfürsten reitet.
Agathe und Ännchen erleben den Polterabend im Fasanenschlößchen Moritzburg, dessen Schlossgarten offenbar gleichzeitig als Heerlager und Behelfslazarett dient. Wenn Agathe am Hochzeitsmorgen davon singt, daß Gott „aller Wesen liebend wahr“ nimmt, sehen wir einen toten jungen Soldaten, der im Brunnen vor dem Schloß gewaschen und in ein Leichentuch gelegt wird. Das geht mehr zu Herzenals alle toten Komparsen vorher.
Agathe ist sehr typgerecht besetzt, und das heißt: sehr erwachsen und reichlich überspannt. Mehrfach sinkt sie in Ohnmacht, hat quälende Träume von einem sie erschießenden Max und beginnt fast zu hyperventilieren als Max sie kurz vor seinem Aufbruch zur Wolfsschlucht in die Arme schließt. Man weiß nicht genau, ist es Angst oder im Gegenteil die äh...Vorfreude auf kommende eheliche Genüsse...
Agahte hat wunderschöne Musik zu singen (und wundershcön singen tut auch Juliane Banse), dennoch geht mir diese Person ziemlich auf die Nerven mit ihrer ewigen Unkerei und Miesepetrigkeit.
Da ist Ännchen eine wahre Erholung. Regula Mühlemann ist wunderbar in der Rolle: blutjung, sehr, sehr hübsch, charmant und lebhaft und dazu mit einer sehr schönen Stimme beschenkt.
Ich kann Max ja nicht verstehen...
Ännchen ist der fröhliche kleine Kobold dieser Verfilmung der zeigt, daß man tiefgründig, und dennoch heiter sein kann. Sie tut alles um Agathe aufzumuntern du benutzt dazu unter anderem ein Kasperle-Theater das neben einer Bühne sämtliche Figuren die im Freischütz vorkommen als Handpuppen enthält.
Mit diesen Figuren wird zu Beginn des Films, noch vor der Ouvertüre, auch die
Szene dargestellt in der Agathe vom Eremiten die geweihten Rosen erhält.
Ännchen symbolisiert die sprühende Lebensfreude in einer Welt voller gestörter und wohl auch traumatisierter Menschen und es ist eine wahre Freude und Erholung, ihr zuzusehen und zu hören.
Ich hoffe sehr, daß wir von Regula Mühlemann noch hören werden, ich glaube, sie könnte eines Tages eine ganz hinreißende Susanna sein.
Am Ende geht natürlich alles gut aus, dabei sieht es ja zunächst schlecht aus für Max und Agathe, aber dann: Auftritt René Pape.
Was soll ich über ihn sagen, er singt so wunderbar (und verströmt natürliche Autorität) daß man es ihm gar nicht hoch genug anrechnen kann, daß er sich bereit erklärt hat, die kleine und doch so wichtige Rolle des Eremiten zu übernehmen.
Fazit: mir hat der Film gefallen und ich bin froh, ihn gesehen zu haben. Er hat neben den erwähnten Schwachpunkten viele schöne Bilder und ist, soweit ich das beurteilen kann, von guter musikalischer Qualität, auch wenn das Hörerlebnis sich manchmal gewaltig von einer Aufführung im Opernhaus unterscheidet.
Aber ich denke die Suche nach „meinem“ Freischütz geht wohl dennoch weiter. Ich werde wohl weder die DVD noch eine eventuell auf den Markt kommende Aufnahme kaufen und stelle fest, daß ich mal wieder sehr schwer zufrieden zu stellen bin.
Ich denke, ein paar tote Soldaten und etwas Kunstblut weniger dafür aber mehr E.T.A. Hoffmann hätten dem Film gut getan, es fehlt für meinen Geschmack trotz der Bildgewalt doch an Atmosphäre.
Ach ja: im Übrigen scheinen vor allem Max und Kaspar die Segnungen von Wasser, Seife und Shampoo nocht nicht entdeckt zu haben. Das nur am Rande...
http://www.derfreischuetz.film.de/
Ich mag diese Oper sehr, die Musik ist wunderbar und die Szene in der Wolfsschlucht gehört, zusammen mit Don Giovannis Höllenfahrt und dem Terzett Antonia-Mirakel-Stimme der Mutter aus "Hoffmanns Erzählungen" zu den ganz großen dämonischen Augenblicken der Operngeaschichte. Wenn sie denn gut umgesetzt wird, was hier leider nur sehr bedingt der Fall war.
Aber der Reihe nach, zunächst die Besetzung:
Juliane Banse (Agathe)
Michael König (Max)
Regula Mühlemann (Ännchen)
Michael Volle (Kaspar),
Olaf Bär (Kilian)
Franz Grundheber (Ottokar)
Benno Schollum (Kuno)
René Pape: Eremit
Es handelt sich um eine überaus naturalistische Umsetzung: wenn in der Ouvertüre der Wald beschrieben wird, sehen wir einen Wald, wenn es wild und dramatisch wird erleben wird Max und Kaspar im Schlachtgetümmel gegen Napoleons Truppen, wenn es dämonisch wird fährt die Kamera über verlassene Schlachtfelder und tote Soldaten, denn in dieser Verfilmung vermischen sich Krieg und Weltpolitik mit den privaten Geschicken von Max und Agathe. So wird zu den Klängen des Jägerchores der Friedensvertrag unterzeichnet und Europa am Kabinettstisch neu aufgeteilt, tote Soldaten liegen in der Wolfsschlucht ebenso rum wie vor Agathes Fasanen-Schlößchen. Nach einer Weile geht mir der ewige Hinweis darauf daß Krieg schlimm istallerdings gehörig auf die Nerven, denn trotz (oder wegen) einiger Horrorelemente (Greifvögel, die sich am Fleisch der Toten gütlich tun, Kriechtiere in Körperöffnungen in die sie nun wirklich nicht gehören etc.) sind die Bilder nicht schonungslos genug um wirklich zu vermitteln, was Krieg bedeutet und nicht eindringlich genug, die Seele zu berühren. Zumindest ging es mir so, all die toten Soldaten sehen aus wie das, was sie in Wahrheit sind: Komparsen die toter Mann spielen.
Wenn Kaspar dann in der Wolfsschlucht gar einem dieser Komparsen zwecks teuflischem Tun mit einem Fangmesser den Kopf abtrennt und das ganze von unappetitlichen Geräuschen begleitet wird, wirkt das fast schon unfreiwillig komisch...
Da wäre ich dann also schon beim großen Schwachpunkt des Films: ich habe selten eine so aseptische, un-dämonische Wolfsschlucht-Szene gesehen und mich schmerzlich nach über die Bühne gezogenen Wildschweinen aus dem Hause Steiff gesehnt, denn die wären immer noch gespenstischer als das, was uns hier geboten wurde: die Szene spielt nicht im Wald sondern in den Schluchten des Elbsandsteingebirges, was m. E. durchaus passend ist, denn ich habe mir die Wolfsschlucht immer als eine Felsenkluft vorgestellt und weniger als düstere Waldlichtung, aber leider wird hier viel zu viel mit Computeranimation, und noch dazu mit Schlechter, gearbeitet. Computeranimiertes Teufelsfeuer, computeranimierter Totenkopf, computeranimiertes was-auch-immer das zur Musik des Wilden Heers über den Himmel flattert etc. Das nimmt der Szene m. E. jede Schauerromantik, ist aber tricktechnisch auch nicht sooo grandios daß es wenigstens zu einem unpassenden aber begeisterten „Boah ey, Wahnsinn!“ reichen würde...
Wie gesagt: jedes Stadttheater kriegt das gruseliger und grausiger hin.
Die Idee, die Wolfsschlucht als verlassenes Schlachtfeld darzustellen ist nicht neu, aber meiner Meinung nach durchaus passend, nur gehört dazu mehr als ein paar Statisten mit Kunstblut einzusauen und in Uniformen zu stecken. Das Grauen dessen was hier einst geschehen ist und immer noch umgeht, ist leider in keiner Sekunde spürbar.
Auch Kaspar fällt in dieser Szene nicht viel mehr ein als laut rumschreien und sich am Boden wälzen wenn er mit Samiel verhandelt und den Gelassenen spielen sobald Max auftaucht. Schade, schade, schade.
Musikalisch hat mir die Szene jedoch recht gut gefallen, auch wenn es gewöhnungsbedürftig ist, diese Musik begleitet von allerlei Nebengeräuschen und in wechselnder Lautstärke zu hören, aber da dies ein Opernfilm ist und keine abgefilmte Vorstellung gelten hier nun mal andere Gesetze.
Etwas Gutes gibt es dann aber auch in dieser Szene: Samiel kommt nicht mit dröhnender Donnerstimme daher, sondern spricht ganz leise, sein „Hier bin ich“ am Ende der Szene ist fast geflüstert und man spürt, den Pakt mit dem Teufel gehen Kaspar und Max in ihrer Seele ein, denn der Teufel ist in ihrer Seele, in diesem Momente ist dann doch etwas von dem Grauen zu spüren daß ich so bitter vermisst habe.
Zu den Pluspunkten der Verfilmung gehört m. E. die Charakterisierung von Max. Der Max meiner Jugend war Rudolf Schock, und das heißt: der Förster im Silberwald der dummerweise zur Zeit vom Jagdglück verlassen und im Übrigen enervierend brav, fromm und langweilig ist.
Michael Königs Max ist alles andere als ein Förster im Silberwald,
von Beginn an befindet er sich in einem psychischen Ausnahmezustand, der ihn für Kaspars Einflüsterungen erst empfänglich macht.
Dieser Max wird tatsächlich von düsteren Mächten umgarnt und er zerbricht fast an der Frage „Lebt kein Gott?“.
Sein Problem ist wohl auch nicht in erster Linie, daß er nicht trifft (obwohl das in seiner aktuellen Situation natürlich nicht gut ist), sein Problem dürfte darin liegen, daß er in den letzten Jahren viel zu oft und viel zu gut getroffen hat, und nicht nur, was vier Beine oder Flügel hat...
Max ist dem Wahnsinn nahe und Kaspar, der äußerlich hier eher Ruhige, Beherrschte und Vernünftige hat leichtes Spiel.
Ich fand Maxens Charakterisierung sehr eindrucksvoll und ich an Agathes Stelle würde mir ernsthaft überlegen, ob ich so einen heiraten würde...
Michael Volle ist ein beeindruckender Kaspar, der zu Beginn gar nicht so finster daherkommt wie man das manchmal gewohnt ist: wo Max außer sich ist, ist er gelassen, kühl und wirkt im Gegensatz zu Max wohltuend aufgeklärt wenn er von „Naturkräften“ spricht.
In seiner Arie macht er schon sehr eindrucksvoll deutlich daß die „Geister mit Dunkel beschwingt“ auch ihn schon längst umgeben haben, und er singt wirklich gut.
Was mir gefällt: wüsste man nicht, welch Geistes Kind er ist, käme er für Agathe als echte Alternative zu Max in Frage,
da er wirklich ruhiger wirkt als sein doch sehr desolater Jagdgenosse. Was ihn diese Ruhe kostet weiß nur er, und es ist schon eindrucksvoll zu sehen, wie Kaspar, der eben noch in der Wolfsschlucht Freikugeln gegossen und Grausiges getan hat, kurze Zeit später scheinbar gelassen und ruhig im Gefolge des Landesfürsten reitet.
Agathe und Ännchen erleben den Polterabend im Fasanenschlößchen Moritzburg, dessen Schlossgarten offenbar gleichzeitig als Heerlager und Behelfslazarett dient. Wenn Agathe am Hochzeitsmorgen davon singt, daß Gott „aller Wesen liebend wahr“ nimmt, sehen wir einen toten jungen Soldaten, der im Brunnen vor dem Schloß gewaschen und in ein Leichentuch gelegt wird. Das geht mehr zu Herzenals alle toten Komparsen vorher.
Agathe ist sehr typgerecht besetzt, und das heißt: sehr erwachsen und reichlich überspannt. Mehrfach sinkt sie in Ohnmacht, hat quälende Träume von einem sie erschießenden Max und beginnt fast zu hyperventilieren als Max sie kurz vor seinem Aufbruch zur Wolfsschlucht in die Arme schließt. Man weiß nicht genau, ist es Angst oder im Gegenteil die äh...Vorfreude auf kommende eheliche Genüsse...
Agahte hat wunderschöne Musik zu singen (und wundershcön singen tut auch Juliane Banse), dennoch geht mir diese Person ziemlich auf die Nerven mit ihrer ewigen Unkerei und Miesepetrigkeit.
Da ist Ännchen eine wahre Erholung. Regula Mühlemann ist wunderbar in der Rolle: blutjung, sehr, sehr hübsch, charmant und lebhaft und dazu mit einer sehr schönen Stimme beschenkt.
Ich kann Max ja nicht verstehen...
Ännchen ist der fröhliche kleine Kobold dieser Verfilmung der zeigt, daß man tiefgründig, und dennoch heiter sein kann. Sie tut alles um Agathe aufzumuntern du benutzt dazu unter anderem ein Kasperle-Theater das neben einer Bühne sämtliche Figuren die im Freischütz vorkommen als Handpuppen enthält.
Mit diesen Figuren wird zu Beginn des Films, noch vor der Ouvertüre, auch die
Szene dargestellt in der Agathe vom Eremiten die geweihten Rosen erhält.
Ännchen symbolisiert die sprühende Lebensfreude in einer Welt voller gestörter und wohl auch traumatisierter Menschen und es ist eine wahre Freude und Erholung, ihr zuzusehen und zu hören.
Ich hoffe sehr, daß wir von Regula Mühlemann noch hören werden, ich glaube, sie könnte eines Tages eine ganz hinreißende Susanna sein.
Am Ende geht natürlich alles gut aus, dabei sieht es ja zunächst schlecht aus für Max und Agathe, aber dann: Auftritt René Pape.
Was soll ich über ihn sagen, er singt so wunderbar (und verströmt natürliche Autorität) daß man es ihm gar nicht hoch genug anrechnen kann, daß er sich bereit erklärt hat, die kleine und doch so wichtige Rolle des Eremiten zu übernehmen.
Fazit: mir hat der Film gefallen und ich bin froh, ihn gesehen zu haben. Er hat neben den erwähnten Schwachpunkten viele schöne Bilder und ist, soweit ich das beurteilen kann, von guter musikalischer Qualität, auch wenn das Hörerlebnis sich manchmal gewaltig von einer Aufführung im Opernhaus unterscheidet.
Aber ich denke die Suche nach „meinem“ Freischütz geht wohl dennoch weiter. Ich werde wohl weder die DVD noch eine eventuell auf den Markt kommende Aufnahme kaufen und stelle fest, daß ich mal wieder sehr schwer zufrieden zu stellen bin.
Ich denke, ein paar tote Soldaten und etwas Kunstblut weniger dafür aber mehr E.T.A. Hoffmann hätten dem Film gut getan, es fehlt für meinen Geschmack trotz der Bildgewalt doch an Atmosphäre.
Ach ja: im Übrigen scheinen vor allem Max und Kaspar die Segnungen von Wasser, Seife und Shampoo nocht nicht entdeckt zu haben. Das nur am Rande...
http://www.derfreischuetz.film.de/
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Donnerstag, 25. November 2010
G. Puccini:La Bohème
zerlina, 13:13h
Nach Totenmessen und Sterbeszenen gilt mein heutiger CD-Tip einer Oper die zwar ebenfalls lethal endet, aber sehr gut in die kommende Advents- und Weihnachtszeit passt, da sie fast durchweg im Winter spielt, die ersten beiden Akte sogar am Heiligen Abend: „La Bohème“ von Giacomo Puccini.
Hier kann der Rat nur lauten „Lassen sie alle anderen Aufnahmen links liegen und greifen sie gleich zur Jahrhundert-Bohème“. Oder, wie es Wolfram Goertz einmal formuliert hat: „Es besteht die dringende Notwendigkeit, daß jeder diese CD besitzt.“
Eine der besten Operngesamtaufnahmen aller Zeiten und wohl ohne Frage die beste Aufnahme von Luciano Pavarotti, von dem ich persönlich glaube, daß er geboren wurde, um Rodolfo zu singen.
Als der junge Enrico Caruso dem Komponisten Giacomo Puccini vorsang soll der ihn gefragt haben „Wer hat dich zu mir geschickt? Gott???“ Ich bin mir sicher, das hätte er auch Pavarotti gefragt, hätte er dessen Rodolfo erleben können.
Big P. zur Seite eine wunderbare Mirella Freni, als kranke Näherin Mimì ebenfalls in der Rolle ihres Lebens. Aber auch das übrige Solistenensemble ist grandios und liefert eine der besten Leistungen die ich jemals auf CD gehört habe, und die nach wie vor Maßstäbe setzt.
Herbert von Karajan und die Berliner Philharmoniker lassen vergessen, daß es sich um eine Studioaufnahme handelt, und im übrigen gibt es nicht genug Worte, diese Bohème zu rühmen und zu preisen.
Wie sie an der Börse sagen: kaufen, kaufen, kaufen!
Hier kann man in die CD reinhören:
http://www.amazon.de/Boh%C3%A8me-Gesamtaufnahme-CD-Deluxe/dp/B001C4Q7IM/ref=sr_1_4?ie=UTF8&qid=1290683392&sr=8-4
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